GESELLSCHAFTLICHE ORGANISATIONEN DER AUTOMOBILISTEN IN RUSSLAND

Am 24. November 1902 wurde in der damaligen Hauptstadt der „Sankt-Petersburger Automobil-Club“ (SPAC) ins Leben gerufen. Das war der Beginn des tatsächlichen Wirkens der gesellschaftlichen Organisationen russischer Automobilisten.

Zur gleichen Zeit wurde schon am Zusammenschluss der Automobil-Enthusiasten zu einer Vereinigung gearbeitet. Am 24. April 1903 wurde auf Vorschlag des Industriellen und Automobilliebhabers Paul. P. Boeckel die „Russische Automobilgesellschaft“ (RAG) in Sankt Petersburg gegründet. Am 15. Mai 1904 erhielt die Satzung der RAG die hoheitliche Genehmigung und erst dieses Datum gilt als offizielles Gründungsdatum obwohl auf dem Emblem der Gesellschaft das Jahr 1903 steht. Der erste Vorsitzende der RAG wurde Generalmajor Wladimir M. Besobrasow, der später von Graf Wassilij W. Gudowitsch abgelöst wurde. Der nächste war Fürst Alexei D. Obolenskij. Sekretär der RAG war Paul P. Boeckel.

Im Jahr 1908 wurde auf Basis des „Moskauer Clubs der Automobilisten“ eine Moskauer Niederlassung der „Russischen Automobilgesellschaft“ (RAG MO) eröffnet.

Anfang Oktober 1909 nahm eine Delegation der RAG an einer internationalen Konferenz zur Erarbeitung von einheitlichen Regelungen für den Automobilverkehr in ganz Europa teil. Nach der Konferenz empfing Zar Nikolaus II. am 10. Oktober den Vize-Präsidenten der RAG Flügeladjustant Wladimir W. Swetschin. Swetschin berichtete dem Monarchen von der Entwicklung des Automobilismus in Russland. Der Imperator begrüßte die Tätigkeiten der Automobilclubs und -gesellschaften und nahm am 19. Oktober die RAG unter seine hoheitliche Schirmherrschaft und verlieh ihr das Recht sich „Kaiserliche Russische Automobilgesellschaft“(KRAG) nennen zu dürfen.

Vorsitzender der KRAG wurde der Minister des kaiserlichen Hofes Generaladjustant Baron (ab 1912 Graf) Wladimir B. Frederiks.

Als Ehrenvorsitzender wurde Großfürst Michail Alexandrowitsch Romanow gewählt.Die „Kaiserliche Russische Automobilgesellschaft“ wurde zum Hauptverband aller russischer Automobilisten und repräsentierte diese offiziell jenseits der russischen Grenzen.

Nach der Februarrevolution 1917 verschwand das Wort „Kaiserlich“ aus dem Namen der Organisation, die KRAG wurde zur AAG – Allrussische Automobil Gesellschaft – und nach der Oktoberrevolution wurde sie genauso wie alle anderen gesellschaftlichen Organisationen des „alten Regimes“ liquidiert.

Im Sommer 1910 wurde auf Initiative und unter der Ägide der „Kaiserlichen Russischen Automobilgesellschaft“ die „Union der Automobilclubs Russlands“ (UACR) gegründet. Anfangs traten in das Unionsabkommen mit der UACR bei: der Sankt-Petersburger Automobil-Club, der Moskauer, der Kiewer und der Rigaer Club der Automobilisten. Danach folgten alle wichtigen Automobilclubs und -gesellschaften Russlands sowie sechzehn ausländische Automobil-Clubs, u. a. der „Kaiserliche Automobilclub“ in Berlin. Die Satzung der UACR schrieb vor, dass jede Gesellschaft und jeder Clubs autark innerhalb des eigenen Tätigkeitsbereichs bleibt, jedoch müssten die Beziehungen zur Regierung und zum Ausland über das zentrale Organ geführt werden - die Kaiserliche Russische Automobilgesellschaft. Diese wiederum kooperierte mit der "Association Internationale des Automobile-Clubs Réconnus" (AIACR). Auf diese Weise konnte eine angemessene Zentralisierung kombiniert mit Autonomie der Organisationen erreicht wer-den. Im März 1914 veröffentlichte die Zeitschrift der KRAG „Automobil“, dass die Union in die „Association Internationale des Automobile-Clubs Réconnus“ aufgenommen wurde und dass sie die erste Sportorganisation in Russland sei, mit der eine internationale Kooperation realisiert werden konnte. Unter anderem wurde bei den Tagungen des Vertreterkomitees der UACR viele Übereinkünfte zur Regelung und Erleichterung des Autofahrens in Russland getroffen.

Am Ende des Jahres 1914 gab es in Russland mehr als 30 Automobil-Clubs, -gesellschaften, -abteilungen und -kreise.
Viele Vereinigungen von Automobilisten in kleinen Provinzstädten waren nicht eigenständig, sondern agierten als Abteilungen oder Niederlassungen von lokalen Sportorganisationen, wie bspw. Sporttouristische Clubs, Radfahrerclubs und Yachtclubs. Die Automobilclubs und -gesellschaften im Russischen Imperium haben aktiv zur Popularisierung des Automobilismus und des Automobilsports im Land beigetragen, indem sie touristische Fahrten, Rallyes, Rennen und Automobilausstellungen, sogar internationale, organisierten. Ebenso leisteten sie Unterstützung bei der Motorisierung von Militärämtern. Auch wurden freiwillige Militärautomobilkader gegründet, dessen Mitglieder an Militärmanövern teilnahmen und zum Beginn des Ersten Weltkriegs bildeten sie automobile Sanitätstruppen und schulten Militärkraftfahrer. Des Weiteren entwickelten sich bei den Automobilclubs und -gesellschaften Garagen, Werkstätten und Geschäfte, bei denen man Automobilzubehör, -teile, -akkumulatoren, -werkzeug, Benzin und Schmier-stoffe kaufen konnten. Für die Mitglieder der Clubs und Gesellschaften waren dafür besondere Vergünstigungen und Rabatte vorgesehen.

 

 

Die wichtigsten Gesellschaften und Clubs der Automobilisten im Russischen Imperium Name

Stadt

Wirkungs-Jahre

Russischer Motor-ClubSankt-Petersburg1898
Allrussischer Club der AutomobilistenSankt-Petersburg1899
Moskauer Club der AutomobilistenMoskau1900-1911
Club der Auto-Motorrad-TouristikMoskau1901-1906
Gesellschaft der Automobil- und FahrradfahrtSankt-Petersburg1901-1902
Sankt-Petersburger Automobil-ClubSankt-Petersburg1902-1914